Woher kommt … der Ausdruck „sich wie Bolle freuen“?

sich wie Bolle freuenDiese Redewendung geht laut Duden auf ein altes Berliner Volkslied zurück. Das genaue Lied nennt das Wörterbuch nicht, gemeint ist aber wohl „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“, ein Lied über einen unbeschwerten und vergnügten Berliner um 1900. Der typische Berliner Spitzname Bolle steht dabei für den Prototyp eines amüsierfreudigen Mannes.

In dem Lied unternimmt Bolle einen Ausflug nach Pankow und gerät in Schwierigkeiten: Unterwegs verliert er sein Kind im Gedränge, bekommt nichts zu essen und wird bei einer Schlägerei verletzt. Trotz des Ärgers endet fast jede Strophe mit den wiederkehrenden Zeilen „aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert“.

Die Verbindung zum bekannten Berliner Milchgroßhändler Carl Bolle, der seit Ende des 19. Jahrhunderts seine Milchprodukte in Pferdefuhrwerken, den sogenannten Bolle-Wagen, verkaufen ließ, könnte dem Duden zufolge erst später hinzugekommen sein.

Neben der kurzen Variante „sich wie Bolle freuen“ gibt es auch die längere Form „sich wie Bolle auf dem Milchwagen freuen“ – beides für sich vortrefflich amüsieren.

Es war einmal ein Satzzeichen

SemikolonWenn das Komma einen Satz zu schwach und der Punkt einen Satz zu stark trennt, dann gibt es noch die Möglichkeit, das Semikolon zu wählen. Umgangssprachlich als Strichpunkt bezeichnet, wird das zusammengesetzte Satzzeichen aus Punkt und Komma heute nur noch selten benutzt – zumindest in Literatur oder Presse. Vielfach zu sehen ist es dagegen als zwinkerndes Emoticon in der Onlinekommunikation, aber auch in anderer Form.

Tattoo-Semikolon

Typografische Spielereien oder Zitate aus literarischen Werken sind beliebte Motive bei Tattoo-Trägern. Auch das Semikolon sieht man weltweit verstärkt auf der Haut. Dahinter steckt das Project Semicolon, eine Bewegung aus den USA, die das Satzzeichen nutzt, um Menschen, die an Depressionen, Angststörungen oder anderen psychischen Erkrankungen leiden, Mut zu machen.

Menschen mit Selbstmordgedanken oder jene, die versucht haben, ihr Leben zu beenden, sollen mithilfe der symbolischen Bedeutung des Semikolon-Tattoos wieder Hoffnung und Lebensfreude gewinnen. Ein Autor verwendet ein Semikolon, wenn er einen Satz hätte beenden können, sich aber dagegen entschieden hat. Der Satz steht für das Leben, der Autor für den Betroffenen – so lautet die Botschaft des Projekts.

Vom Satzzeichen zum Symbol

Anders als beim Punkt oder Komma ist das Semikolon kein Pflichtzeichen in Satzkonstruktionen; seine Verwendung hängt immer von der Entscheidung des Autors ab. Doch gerade für geschriebene Texte mit langen Gedankengängen eignet es sich gut. Gleichrangige Sätze oder Wortgruppen lassen sich mit dem Semikolon verbinden. Zahlreiche Schreibende haben seine vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten noch nicht (wieder)entdeckt.

Nach der Abschlussarbeit

Jedes Jahr verleihen diverse Stiftungen, Unternehmen und Vereine Preise für Abschlussarbeiten. Einige zeichnen Arbeiten aus einem speziellen Themengebiet aus, andere ändern jedes Jahr den thematischen Schwerpunkt ihrer Ausschreibungen. Ob Medizin, Marketing, Rechts-, Wirtschafts-, Geistes-, Natur- oder Technikwissenschaften, für fast alle Fachgebiete gibt es eine passende Auszeichnung.

Manchmal lohnt es sich dafür, einen Blick über die eigene Disziplin hinaus zu werfen. So gewann 2015 die Germanistin Anke Hertling den Conrad-Matschoß-Preis für Technikgeschichte des Vereins Deutscher Ingenieure. Mit ihrer Dissertation „Eroberung der Männerdomäne Automobil“ überzeugte sie die Jury nicht nur im Hinblick auf einen technikgeschichtlichen Schwerpunkt, sondern auch durch den Fokus auf Geschlechterzuschreibungen von Technik.

Mit der Auszeichnung bekam die junge Wissenschaftlerin ein Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro. Aber das ist nur die eine Seite, es folgten Publikations- und Vortragsanfragen aus der Fachcommunity und auch in Vorstellungsgesprächen wurde Anke Hertling immer wieder auf ihre Preisträgerschaft angesprochen.

Neben dem beruflichen Erfolg ist es aber vor allem die gewonnene Aufmerksamkeit, die für sie Bedeutung hat: „Mir ist es vor allem wichtig, dass der Preis dazu beigetragen hat, dass meine Dissertation und mein Thema noch einmal von einer größeren Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen wurden. Und vielleicht gibt es dann sogar den wünschenswerten Effekt, die Klischees über Frauen am Steuer grundsätzlich infrage zu stellen.“

Im Zuge einer Auszeichnung lassen sich wichtige Kontakte in die Berufswelt knüpfen und Karrierechancen verbessern. In den meisten Fällen ist der Arbeitsaufwand des Bewerbungsprozesses gering. Häufig genügt es, die Arbeit, eine Zusammenfassung der Ergebnisse und einen Lebenslauf einzureichen, wie im Falle von Anke Hertling. Manchmal wird noch ein Gutachten oder eine Empfehlung der betreuenden Person an der Hochschule benötigt.

Für einen ersten Überblick haben wir eine Tabelle mit diversen Preisen zusammengestellt, die zum Weiterrecherchieren und Stöbern anregen soll. Informieren Sie sich über die Teilnahmebedingungen und Abgabetermine und reichen Sie Ihre Arbeiten ein – viel Glück!

Bild: Rotkel Textwerkstatt.

Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität.

Preis der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt Für energie- und umweltrelevante Bachelor-, Master- oder Diplomarbeiten, Dotation 1.500 Euro.
Marie Elisabeth Lüders-Wissenschaftspreis Für rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Dissertationen und Habilitationsschriften, Druckkostenzuschuss in Höhe von 2.000 Euro.
Erhard Höpfner Studienpreis Für Master- oder Diplomarbeiten der Universitäten und Hochschulen in Berlin, Dotation 4.000 Euro.
Förderpreis der Horizont-Stiftung Für Diplomarbeiten, Dissertationen, Forschungs- und Projektarbeiten, die sich zukünftigen Entwicklungen in der Kommunikations-, Medien- und Werbeindustrie widmen.
David-Kopf Hochschulpreis Für Masterabsolventen der Wirtschaftsinformatik, Lebensmitteltechnologie, Chemie, Pharmazie, Betriebswirtschaftslehre und Logistik, Dotation 10.000 Euro.
Karriere-Preis der DZ BANK Gruppe Für akademische Abschlussarbeiten im Bereich „Banking & Finance“, Dotation 24.000 Euro.
Der Hochschulpreis des Deutschen Aktieninstituts e.V. Für wissenschaftliche Abschlussarbeiten, Dissertationen und Habilitationen zum Thema „Aktie und Kapitalmarkt“,  Dotation 20.000 Euro.
Dr. Tyczka Energiepreis Für Dissertationen, Bachelor- oder Masterarbeiten mit praxisnahen oder umgesetzten Energieeinsparkonzepten, Dotation 5.000 Euro.
Karl H. Ditze-Preis Für Dissertationen und Examensarbeiten aus den geisteswissenschaftlichen Fachbereichen und der Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg.
Conrad-Matschoß-Preis Für deutschsprachige Beiträge aus der technikhistorischen Forschung, Dotation 3.000 Euro.

 

Merkeln, schrödern und orbanisieren

 

Nicht jeder Neologismus geht dauerhaft in den Sprachgebrauch ein, Bild: Edyta Dombrowski.

Nicht jeder Neologismus geht dauerhaft in den Sprachgebrauch ein, Bild: Edyta Dombrowski.


Namen von bekannten Personen, insbesondere von Politikerinnen und Politikern, und ihre charakteristischen Eigenschaften werden vielfach mit eigenen Wortschöpfungen belegt. In den Medien kreiert sind die Neologismen meist aktualitätsgebundene, negativ konnotierte Modeerscheinungen. Es gab schon alles Mögliche: schrödern für „autoritäre Auftritte“, merkeln für „zögerliches Verhalten“, wulffen je nach Kontext für „lügen, ohne es zuzugeben“, „auf Kosten anderer Leben“ oder „den Anrufbeantworter vollquatschen“.

Im Zuge der letzten polnischen Präsidentschaftswahl im Mai 2015 tauchte in der deutschen Medienlandschaft vielfach der Begriff der Orbanisierung auf. Der unerwartete Sieg des nationalkonservativen Politikers Andrzej Duda löste Besorgnis über mögliche euroskeptische und nationale Entwicklungen sowie über ein Abdriften Polens nach rechts – wie in Ungarn unter Viktor Orbán – aus.

Einen politischen Vergleich machte jüngst auch der Grünen-Chef Cem Özdemir, als er sich zur aktuellen Parlamentswahl in der Türkei äußerte. Özdemir kritisierte den zunehmend autoritären Herrschaftsstil des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und schrieb ihm putineske Züge zu.

Nicht jedes Wort geht nachhaltig in den Sprachgebrauch ein, viele sind lediglich Schlagzeilen-Eintagsfliegen. Guttenbergen für „abschreiben“ wird kaum jemand noch benutzen. Wenn aber die Aktualität eines Wortes nicht abnimmt, dann hat eine Neuschöpfung gute Chancen, länger bestehen zu bleiben.

Solange zum Beispiel Röntgenstrahlen zum Einsatz kommen, wird röntgen vielleicht weitere hundert Jahre alt. Bis zur nächsten Arbeitsmarktreform, wird man, wie wohl jeder weiß, auch weiterhin keine Sozialhilfe empfangen, sondern hartzen. 2009 zum Jugendwort des Jahres gewählt ist das von Peter Hartz und den Hartz-IV-Reformen abgeleitete Verb immer noch im Gebrauch und mittlerweile online im Duden zu finden.

Ähnliche Entwicklungen gibt es selbstverständlich auch in anderen Sprachen. So schaffte 2012 der Fußballprofi Zlatan Ibrahimović durch seinen außerordentlichen Fußballstil mit zlatanera (deutsch: zlatanieren) für „stark dominieren“ den Sprung in die schwedischen Wörterbücher.

Mit der U2 zum G7-Treffen?

Bei der Schreibweise von G7 ist es so, wie bei dem jährlichen Treffen selbst: Alles ist möglich, nichts ist verbindlich. Ein Blick in die Presse: Auch die meisten Zeitungen und Wochenmagazine sind offenbar unentschieden. Sowohl in Print- als auch in Onlineausgaben von Die Zeit, SZ, FAZ, taz, Die Welt und Tagesspiegel finden sich häufig sogar innerhalb eines Artikels mehrere Schreibweisen, also G7 und G 7 oder G7-Gipfel und G-7-Gipfel. Ausnahme ist Der Freitag. Machen die es nun als Einzige richtig und konsequent?

Die Abkürzung G7 steht für Gruppe der Sieben und ist insofern ein Akronym (in der Regel eine aus den Initialbuchstaben der abgekürzten Wortgruppe gebildete Abkürzung). Da G7 problemlos ausgesprochen werden kann, gehört hinter das G auch kein Punkt (anders als bei z. B., Hbf. oder Abk.). Sie hat somit denselben Charakter wie U2 für Untergrundbahn 2, S25 für Schnell- oder Stadtbahn 25 und A1 für Autobahn 1.

Für die Schreibung solcher Abkürzungen gibt es keine allgemeingültige Regel. Auch der Duden erlaubt beide Schreibweisen, gibt allerdings als Dudenempfehlung die Durchkoppelung an: G-7-Staaten, auch: G7-Staaten.

Ausschlaggebend für die Schreibweise ist die Definition. Die eine lautet: G 7 besteht aus der Abkürzung »G« und der Ziffer »7« und ist insofern eine Wortgruppe im weitesten Sinn. Folgt man dieser Definition, ist die Schreibweise mit Wortzwischenraum (G 7) korrekt; wird ein weiteres Wort drangehängt, wird alles durchgekoppelt: G-7-Gipfel. Der andere Standpunkt ist: G7 ist eine Abkürzung, die aus dem Buchstaben »G« und der Ziffer »7« besteht. Folgt man dieser Definition, ist die Schreibweise ohne Wortzwischenraum (G7) korrekt; wird ein weiteres Wort drangehängt, wird nur dieses mit einem Bindestrich gekoppelt: G7-Gipfel.

Anders hingegen sieht es aus bei der Schreibweise des Papierformats A4, zum Beispiel in der Konstellation DIN-A4-Blatt: Die Schreibweise mit Leertakt A 4 und die durchgekoppelte Variante bei der Zusammensetzung DIN-A-4-Blatt sind nicht korrekt, weil der Buchstabe A keine Abkürzung ist. Der Buchstabe A gibt lediglich die Formatreihe an (es gibt vier Reihen, die mit A bis D bezeichnet und jeweils in elf Klassen unterteilt werden, die nach absteigender Größe von 0 bis 10 durchnummeriert sind).

Doppelpunkt und nun: Groß- oder Kleinschreibung?

Wie schreibt man nach einem Doppelpunkt: groß? Klein? Die Regel dazu ist im Grunde ganz einfach – nun ja, es hängt nur davon ab, was nach dem Doppelpunkt folgt.

Die Regeln

Rechtschreibung

Regel 1: Nach dem Doppelpunkt schreibt man groß, wenn danach wörtliche Rede folgt.

  • Die Mutter fragte verärgert: »Konrad, warum ziehst du deine Gummistiefel nicht an?«

Regel 2: Nach dem Doppelpunkt schreibt man groß, wenn ein vollständiger Satz mit Subjekt und Prädikat folgt.

  • Konrad und seine Mutter hatten schon Ärger: Jetzt zieht er sich aber an.

Ausnahme: Eine Ausnahme bilden verkürzte, sogenannte elliptische Sätze (z. B. »Keine Ahnung.«, »Weiß nicht.«, »Kann sein.«). Hier ist die Groß- oder Kleinschreibung optional. Allerdings sollte eine der beiden Varianten konsequent im ganzen Text umgesetzt werden.

  • Konrad verdrehte die Augen und nuschelte kaum verständlich so etwas wie: Weiß nicht.

Regel 3: Nach dem Doppelpunkt schreibt man klein, wenn ein unvollständiger Satz oder eine Aufzählung folgen und das erste Wort kein Substantiv ist.

  • Konrad packte nur zwei Dinge ein: den linken Gummistiefel und eine Sandale.
  • Konrad packte nur zwei Dinge ein: Gummistiefel und Sandale.

Typografie

Regel 1: Nach dem Doppelpunkt folgt in deutschen Texten ein Leerzeichen. (Hingegen setzt man im Französischen auch vor dem Doppelpunkt ein Leerzeichen.)

Regel 2: Verwendet man den Doppelpunkt, um ein Verhältnis von Zahlen (z. B. Mischungsverhältnisse und Maßstäbe) zueinander darzustellen, steht vor und nach dem Doppelpunkt jeweils ein schmales geschütztes Leerzeichen.

  • Mischen Sie das Reinigungskonzentrat mit Wasser im Verhältnis 1 : 10.
  • Die Karte stellt Deutschland im Maßstab von 1 : 150.000 dar.

Regel 3: Spielergebnisse, zum Beispiel beim Fußball, werden vor und nach dem Doppelpunkt mit einem (schmalen) geschützten Leerzeichen notiert (in der Presse wird diese Regel aus Platzgründen häufig ignoriert).

  • Die Berliner Eishockeyspieler besiegten München 5 : 4.

Das geschützte Leerzeichen und das typografisch korrekte schmale geschützte Leerzeichen geben Sie wie folgt ein:

geschütztes Leerzeichen schmales geschütztes Leerzeichen
microsoft-logo-f6a47353 31 $%& 4 LFGM
linux-logo-f6a47353 31 $%& 31u 202f 3
apple-logo-f4325ff1 4 $%& 202f
 html5_logo  &#nbsp;   

Regel 4: Bei Zeitangaben übernimmt der Doppelpunkt die Funktion eines Trennzeichens; vor und nach dem Doppelpunkt steht kein Leerzeichen.

  • Es passierte exakt um 17:03:04 Uhr.
  • Der Marathonrekord liegt bei 2:03:38 Stunden.

Regel 5: Ziffer-Wort-Verbindungen werden ohne Leerzeichen und ohne Bindestriche geschrieben.

  • 1:1-Umsetzung (aber: Eins-zu-eins-Umsetzung)

Empfehlung: Folgt nach einem kursivierten Wort ein Doppelzeichen, sollte dieses ebenfalls kursiviert werden.

  • aber: Eins-zu-eins-Umsetzung

Doppelpunkt: der Tausendsassa

Der Doppelpunkt, auch als Kolon bekannt.

Der Doppelpunkt: ein unscheinbares Multitalent mit poetischem Potenzial.

Der Doppelpunkt ist ein Tausendsassa unter den Satzzeichen: Er zählt zu den sogenannten Satzmittezeichen; seine Verwandten sind das Komma, das Semikolon und der Gedankenstrich. Er steht nie am Ende eines Satzes, ist kein Satzschlusszeichen, sondern ein Ankündigungs-, Übergangs- und Hervorhebungszeichen.

Seine Funktion: Ankündigung von Zitaten, wörtlicher Rede, Aufzählungen, Erläuterungen, Zusammenfassungen, Schlussfolgerungen. Weil er eine Zäsur setzt, bringt er Dynamik in den Text. Korrekt eingesetzt, ist er ein minimalistisches, aber sehr wirksames rhetorisches Werkzeug. Nicht korrekt verwendet, wird er zu einem Wichtigtuer, der mit großem Trommelwirbel Wichtiges ankündigt, jedoch Kümmerliches präsentiert, nämlich: weniges bis nichts. Der Doppelpunkt trennt nicht, er verweist vielmehr auf eine logische Verbindung. Er ist zudem insofern nützlich, als er als gnadenloser Rationalisierer umständliche Formulierungen, Nebensätze und Bindewörter überflüssig macht, oder in Überschriften Satzstücke verbinden kann.

Darüber hinaus wird er in der Mathematik als Divisionszeichen verwendet – das haben wir Leibniz zu verdanken –, zur Notierung von Verhältnissen – zum Beispiel von Fußballergebnissen (2 : 1) – und als Trennzeichen bei Zeitangaben (17:09:58).

Summa summarum: Der Doppelpunkt ist ein Satzzeichen, das dezent auf wörtliche Rede hinweisen kann, oder als unübersehbares Signal Aufmerksamkeit auf das Folgende steigert: Er sorgt für Klarheit, Ordnung und Übersichtlichkeit.

Wer hätte aber gedacht, dass dem Doppelpunkt auch poetisches Potenzial innewohnt? Dieses findet sich in Uwe Tellkamps Roman Der Turm wieder, der das Ende einer Epoche mit einem für den letzten Satz eines Romans falschen Satzzeichen markiert: einem Doppelpunkt.

Das finale historische Ereignis in Tellkamps Roman ist der Mauerfall, ein Bruch mit bisherigen Konventionen und mit bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Regeln. Grammatikalisch verkörpert dieser Schluss auch eine Öffnung der Interpunktionsregeln: Am Ende des Satzes und des Romans steht, entgegen den Interpunktionsregeln, ein Doppelpunkt. So spiegelt er nicht nur den Epochenbruch wider, sondern zeigt auch auf: Das Ende ist nicht ein Ende, sondern ein Übergang, die Ankündigung von etwas Neuem.

Auschwitz falsch erinnert

Falsche Schreibweise von Auschwitz in einer deutschen Onlinezeitung, Bildschirmfoto: rotkel.

Falsche Schreibweise von Auschwitz in einer deutschen Onlinezeitung, Bildschirmfoto: Rotkel.

Auschwitz und seine Geschichte sind zurzeit vielfach in den Medien: der Lüneburger Auschwitz-Prozess, der 70. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Bundespräsident Joachim Gauck formulierte am 27.01.2015 im Bundestag während der Auschwitz-Gedenkfeier geschichtsbuchtauglich: »Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz.«

Googeln Sie mal die falsche Schreibweise Ausschwitz. Sie werden staunen, wie häufig dieser Ort, der vermeintlich im deutschen Bewusstsein so tief verankert ist, falsch geschrieben wird – auch in großen, überregionalen, renommierten, die Identität mitprägenden Medien. Allein bei Google News finden sich über 1.000 Treffer. Folglich muss es sich um eine Identität mit einem Rechtschreiblapsus handeln.

Der Name des größten Komplexes von Konzentrationslagern zur Zeit des Nationalsozialismus in Auschwitz (polnisch Oświęcim) wird nur mit einem s geschrieben. Die falsche Schreibweise Ausschwitz kann mit der im Deutschen häufigen Wortbildung mit der Vorsilbe aus- erklärt werden, die dann auch die Schreibung von z. B. ausschwitzen mit Doppel-s bedingt. – Eine harm-, aber geschmacklose Rechtschreibfehlleistung? Eine denkbare Erklärung.

Dies entschuldigt selbstverständlich nicht, dass dieser Ortsname rauf und runter falsch geschrieben wird. Die Überprüfung der Schreibweise gebietet genauso die redaktionelle Sorgfaltspflicht wie der Respekt vor den Menschen und der Geschichte dieses Ortes. Vor allem, wenn man darüber schreibt.

Neues aus unserer Textwerkstatt

Das ursprüngliche Team von Rotkel. Von links: Jaroslaw Piwowarski, Anabelle Assaf, Mischa Mangel und Anke Zeitschel, Bild: Laura Gliesche.

Das ursprüngliche Team von Rotkel. Von links: Jaroslaw Piwowarski, Anabelle Assaf, Mischa Mangel und Anke Zeitschel, Bild: Laura Gliesche.

In den Mai gehen wir mit zwei neuen Mitarbeitern. Agnieszka Szczepanska übernimmt ab sofort die PR und die Kundenakquise. Für Anfragen aus dem deutschsprachigen Raum und aus Polen ist sie die Ansprechpartnerin. Jonas Grygier unterstützt uns zukünftig in den Bereichen Deutsches Lektorat und Übersetzungslektorat Polnisch.

Außerdem: Auf unserer Website finden Sie die Infothek mit praktischen Tipps zum korrekten Schreiben: Hilfestellungen bei den wichtigsten Fragen zur Rechtschreibung, häufigen Fehlern, Verwechslungsgefahren, besonders schwierigen Pluralbildungen und nicht eindeutigen grammatischen Geschlechtern. Ob Anführungszeichen, Satzzeichen oder Sonderbuchstaben: Mit Tastaturkürzeln lässt sich das Schreiben am Computer erleichtern. In der Infothek haben wir auch hierzu eine umfangreiche Übersicht gestaltet.

Darüber hinaus: Ab sofort erscheinen auf unserem Blog regelmäßig Artikel aus der Lektoratswelt. Und: Der Relaunch unserer Website steht kurz bevor. Gerade sind wir fleißig mit dem Umbau der Internetseite beschäftigt, daher sind noch nicht alle Funktionen einwandfrei abrufbar. Hierzu nehmen wir gern auch Anregungen und Kritik entgegen.