Kategorie-Archiv: Lehnwörter

Gut Kirschen essen

Kirschen essen

Im Sommer ist gut Kirschen essen. Was hat es mit dieser bekannten Redewendung auf sich?

Mit den meisten Menschen ist nicht gut Kirschen essen, wenn sie schlechte Laune haben. Aber was haben Kirschen mit unserem Unmut zu tun? Haben wir zur Kirschsaison schlechtere Laune? Die Kirschenzeit hat gerade angefangen, und die leckeren Früchtchen sind fast überall zu finden. Die frühesten Sorten des Jahres konnten schon im Mai von den Bäumen gepflückt werden, der Gaumenschmaus dauert aber noch bis Ende Juli an. Mittlerweile ist die Kirsche fast auf der gesamten Nordhalbkugel kultiviert worden und allen ein Genuss. Das war allerdings nicht immer so – und da kommen wir der Redewendung auf die Schliche.

Kirschenrache oder Futterneid?

Nachdem die Kirsche ursprünglich zur Zeit des Römischen Reiches von den Römern aus der Türkei nach Europa gebracht wurde, war sie lange Zeit eine exklusive Delikatesse vornehmer Gesellschaften. Ihr Anbau erfolgte nur in den Gärten von Adligen und Klöstern, und die Früchte waren so ausschließlich Edelfrauen und -männern zugänglich. Ein Ereignis aus dem Jahre 1291 kommt daher für die Deutung der Redewendung infrage: Der Erzählung nach seien dem Markgrafen von Meißen auf Schloss Hirschstein angeblich vergiftete Kirschen untergejubelt worden, sodass er bald darauf verstarb. Verdächtigt wurde sein Rivale, der Bischof von Meißen, der sich nach einem Streit nur augenscheinlich mit dem Markgrafen wieder versöhnte – und dann üble Rache nahm. Diese schaurige Geschichte ist allerdings nicht belegt, sodass eine weitere Deutung infrage kommt: Das ausgelebte Privileg des Kirschgenusses wurde nämlich während der Ernte gern mit Festen gefeiert, zu denen Gäste geladen wurden, um sich gemeinsam mit den Gastgebenden an den Früchten zu erfreuen. Menschen unterer Stände versuchten sich dabei angeblich die Chance nicht entgehen zu lassen, selbst an der Freude teilzuhaben, sodass sie sich manchmal unbemerkt auf die Kirschfeten schmuggelten. Ungeladene Gäste waren jedoch, wie man sich vorstellen kann, gar nicht gern gesehen, und so wurden die Eindringlinge – wohl aus Futterneid – mit Kirschkernen und -stielen bespuckt und beworfen, bis sie die Festlichkeit wieder verließen. Wenn man heute deshalb davon spricht, mit jemandem sei nicht gut Kirschen essen, geht die Redewendung auf diese Ereignisse zurück.

Kirschkerne spucken und Stiele schmeißen – oder lieber gleich mit Disteln werfen

Zum ersten Mal trat die Redewendung im späten Mittelalter auf. Offenbar wurden damals die Kerne aber meist noch mitgegessen, weshalb es auch in einer Fabelsammlung mit dem Namen »Der Edelstein« von Ulrich Boner heißt: »Wer mit Herren Kirschen essen will, dem werfen sie die Stiele in die Augen.« Allerdings scheint diese Redewendung in mündlicher Sprache damals noch nicht besonders aktiv gewesen zu sein, weshalb in manchen Schriften aus »die stil« (althochdeutsch) beim Abschreiben plötzlich »diestiel«, also neuhochdeutsch »Distel«, wurde. Das wäre wohl noch deutlich schmerzhafter gewesen. In späteren Belegen sind es dann nicht mehr die Stiele (oder Disteln), sondern öfter die Kerne, mit denen umhergeworfen wird. Während in den Schriften Stiele, Disteln und Kerne variieren, hat sich die Bedeutung über die Zeit dagegen kaum verändert: Zwar bringen wir Menschen, mit denen nicht gut Kirschen essen ist, nicht mehr direkt mit hohen Herrschaften in Verbindung, die ihre Launen an den ihnen Untergebenen auslassen. Aber wir verstehen den Satz auch heute noch als eine Art Warnung: Er ist ein Hinweis auf die wechselhaften Stimmungen einer Person oder auf ihren fragwürdigen Charakter. Zwar würden wir wohl in den seltensten Fällen riskieren, angespuckt zu werden, allerdings würden wir wohl auch eher ungern mit so jemandem unsere Kirschen teilen wollen.

Im Saustall der Sprache

Saustall

Ferkeleien hinterm Zaun

Abseits der Standardsprache finden sich viele interessante Phänomene, die wir oft nicht einmal bemerken. Schimpfen zum Beispiel ist nicht nur ein verhaltensbiologischer Vorgang, sondern auch ein sprachlicher: Um seinem Unmut Luft zu machen, greift man spontan auf Äußerungen zurück, die in der Situation des Ärgers eine neue Bedeutung bekommen. Der in manchen Fällen sogar schmerzlindernd wirkende Aggressionsabbau durch Schimpfwörter mag auch ein Grund sein, warum Menschen sich hin und wieder zu gegenseitigen Beleidigungen hinreißen lassen. Was genau ist aber die Definition eines Schimpfworts?
In der Tat gibt es in der Forschung ein Gebiet, das sich mit genau dieser Frage beschäftigt: die Malediktologie. Mit Methoden der Linguistik, Soziologie und Psychologie wird versucht, sich dem Phänomen des Schimpfens zu nähern.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist der Tabubruch, also verbale Grenzüberschreitungen und Entgleisungen. Was standardsprachlichen Konventionen von Höflichkeit und Benehmen widerspricht, findet bei Wutausbrüchen bevorzugt Verwendung. Nicht nur im Deutschen besonders verbreitet und beliebt sind dabei Fäkalausdrücke und Begriffe, die mit Exkrementen, Unreinlichkeit und Ekel oder mit Sexualität zu tun haben. Ganz oben in der Beliebtheitsliste der Beschimpfungen findet man aber auch Tiernamen.

Hundsgemeine Beleidigungen

Und die Artenvielfalt dabei ist riesig: Sie reicht von Säugetieren über Vögel bis zu Insekten. Die Kombinationen, meistens mit Adjektiven oder Verben, sind dabei selbsterklärend: So wird zum Beispiel der Hund, der Herrchen und Frauchen eigentlich doch immer treu ergeben ist, hundsgemein oder heimtückisch (und manchmal verreckt er sogar). Das Schwein, von dessen hoher Intelligenz wir eigentlich wissen, wird nach Bedarf dreckig, arm oder fett – ähnlich wie die Kuh, die aber doch mit Vorliebe doof oder blöd ist. Die Sau im Besonderen ist faul, Ziegen meckern, Esel sind störrisch und trotzig. Besonders artenreich im Vokabular ist auch die Gattung der Vögel: Schnapsdrosseln schauen zu tief in die Gläser, Schmutzfinken stapfen zu tief in den Matsch, Rabeneltern kümmern sich nicht um ihre Sprösslinge, (Aas-)Geier sind die Inkarnation von Gier und Geiz, Gans, Schnepfe und Pute gelten als dumm, Hühner dagegen neigen zu Panik und erheblicher Lautstärke, Gockel sind eitel vor Stolz, Enten sind lahm … Die Liste ließe sich noch ewig fortsetzen. Warum aber greift man bei der Schimpfwörterwahl so oft auf das Tierreich zurück?

Beschimpfung versus Liebesbeweis

Hund, Kuh, Schwein und Huhn werden bei solch spontanen Ausbrüchen gern verunglimpft. Und das, obwohl wie gesagt manche von ihnen gar nicht so doof sind, wie wir als Menschen annehmen. So reduzieren wir sie auf ihre vermeintlich verminderte Geistesfähigkeit und ihre dem Menschen oftmals unverständlichen Verhaltensweisen. Die in unseren Augen wilde und unberechenbare Trieb- und Tierhaftigkeit wird zum Gegensatz von (möchtegern-)friedfertiger Menschlichkeit. Jemandem das Menschsein abzusprechen, ist schon seit Jahrhunderten eine beliebte Art zu beleidigen.
Was ist aber mit »Bärchen« oder »Hasi«? Hier finden Tiernamen plötzlich Verwendung als Kosewörter und haben eine liebevolle bis zärtliche Bedeutung. Sie drücken Intimität und Gefühl zwischen Liebenden aus und würden wohl keinesfalls als Beleidigungen oder Schimpfwörter aufgefasst werden. Hier geschieht der Rückgriff auf die Tierwelt also genau umgekehrt, und aus »aufgeblasenem Gockel« oder »dreckiger Ratte« können blitzschnell »Spatz« und »süße Maus« werden. Damit, dass wir diesen Tieren eine gleichberechtigte Intelligenz zuschreiben, hat das allerdings wenig zu tun.

Hauptsache nicht aggressiv?

Da die Malediktologie eine noch recht junge Wissenschaft ist, kam man diesem plötzlich umgekehrten Phänomen auch bisher nicht auf die Spur. So scheint es ziemlich situationsabhängig zu sein, wann ein Tiername als Schimpfwort und wann als harmloses Kosewort gebraucht wird. Ebenso spielen Körpersprache wie Gestik und Mimik oder auch der Tonfall eine Rolle. Nach der Definition von Reinhold Aman, Philologe und Herausgeber der Zeitschrift »Maledicta«, ist jedes Wort ein Schimpfwort, sobald es aggressiv verwendet wird. Dementsprechend könnte man also ein »Schwein«, einen »Pinguin« oder eine »Qualle« genauso im Schlafzimmer finden wie in dem Auto, das einem gerade die Vorfahrt genommen hat. Rechtlich gesehen sollte man sich jedoch nicht auf diese Definition verlassen, vor allem nicht gegenüber Anzugtragenden. Eine Polizistin, die mit dem Strafzettel fürs Falschparken wedelt, freundlich mit den Worten »du Sau« zu grüßen, könnte ziemlich teuer werden.

Op Platt – bewahrt oder vergessen?

Plattdeutsch

Nordisch by Nature

Im Jahr 1992 beschloss der Europarat die »Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen«, um die Kultur und Sprache von Minderheiten zukünftig europaweit zu schützen. Für das zwei Jahre zuvor wiedervereinigte Deutschland waren dies die Minderheiten der Sorben, Sinti und Roma sowie Dänen und Friesen samt deren Sprachen. Bis zur Ratifizierung der Charta im Jahr 1998 verpflichteten sich die Bundesländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, an der Einhaltung und Umsetzung der Vorgaben zur Förderung von Minderheitensprachen im Inneren Deutschlands mitzuwirken. Die Volksgruppe der Friesen repräsentierte mit ihren Dialekten Nord- und Saterfriesisch nur einen kleinen Teil einer flächendeckenden Regionalsprache: dem Niederdeutschen.

Niederdeutsch vom platten Land

Auch als Plattdeutsch bezeichnet, ist Niederdeutsch eine bis heute weitverbreitete Mundart, die eher im ländlichen Raum als Alltagssprache erhalten blieb und häufig von einer demografisch gesehen älteren Generation gesprochen wird. Historisch-sprachwissenschaftlich betrachtet, gibt Niederdeutsch selbst seine Herkunft preis: Die Silbe »nieder« nimmt auf die nördlichen Gebiete des deutschen Sprachraums Bezug und symbolisiert somit das niedere (mittelhochdeutsch für flach oder tief) bzw. »platte« Land. Die Zweite Lautverschiebung innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie ging im Gegensatz zum zeitgenössischen Hochdeutsch am Niederdeutsch vorbei. Das Gebiet der niederdeutschen Sprache und ihrer Dialekte erstreckt sich heutzutage von den Niederlanden bis nach Polen und von Schleswig-Holstein über Südniedersachen bis zur Eifel.

Eine historische Mundart

Über Jahrhunderte zunächst als Mundart gepflegt, verdrängte das vereinheitlichte Schulwesen sowie das reformierte Deutsch seit dem 19. Jahrhundert nach und nach das Plattdeutsch als Muttersprache vieler Einheimischer. Mit ihrem Umzug in eine neue Stadt oder Region oder auf dem Ausbildungsweg verloren einige Muttersprachler ihr Sprachwissen. Da Plattdeutsch der Ruf anhaftete, nur vom ländlichen, bäuerlichen Volk gesprochen zu werden, legten intellektuelle bis elitäre Bildungsinstitutionen keinen Wert auf den Erhalt und die Pflege der langsam aussterbenden Sprache. Erst zum Ende des 20. Jahrhunderts gab es einen gesellschaftlichen Umschwung: Durch die Förderung der Länder und des Bundes hat sich die Wahrnehmung von Plattdeutsch gewandelt.

Comeback des Plattdeutschen

Die Regionalsprache Niederdeutsch erlebt im 21. Jahrhundert eine bildungspolitische Blütezeit. Sie gilt nun als eine Besonderheit und ein aktiv zu erhaltender Kulturschatz. Immer mehr Kindergärten und Grundschulen in Norddeutschland weisen sich als plattdeutsche Einrichtungen aus, in denen die regionalen Dialekte der Vorfahren gesprochen und unterrichtet werden.
Woher kommt diese Besinnung auf die lokale Kultur und Geschichte? Verantwortlich für den Wiederaufstieg des Niederdeutschen könnte die Globalisierung sein. Die politische, ökonomische, kulturelle und schließlich digitale Ausweitung der Lebenswelt bewirkt nicht nur bei der europäischen Bevölkerung eine Hinwendung zum Lokalen und Regionalen. Dieser Rückzug ins Vertraute resultiert schließlich in der Institutionalisierung und Disziplinierung von Dialekten, die nicht mehr ausschließlich Alteingesessene sowie der örtliche Heimatverein zu bewahren versuchen, sondern ebenfalls Professoren, Lehrer und Kultusminister.

Niederdeutsch in der Bildungspolitik

Durch bildungspolitische Maßnahmen soll Plattdeutsch der jüngeren Generation als Zweitsprache wieder nähergebracht werden – in Form von Frühförderung bis hin zu Abitur- und Studienfächern. Die Beliebtheit des Faches an Hamburger Schulen zeigt, dass Plattdeutsch im Trend liegt: Aufgrund seiner sprachhistorischen Entwicklung ähnelt es dem Englischen und Niederländischen und erscheint vielen durch den simpleren grammatikalischen Aufbau als einfach zu erlernende (Fremd-)Sprache. Jedoch wirft das Unterrichten der niederdeutschen Dialekte eine Frage auf: Ist es möglich, eine über Jahrhunderte gesprochene Mundart nicht nur einheitlich zu verschriftlichen, sondern auch zu prüfen? Schließlich entstand durch die regionale Vielfalt ein Kaleidoskop verschiedener Redensarten sowie unterschiedlichster Intonationen von Wörtern. So ist zu beachten, dass eine Mundart durch Kanonisierung und Disziplinierung zwar überlebt und weiterbesteht, jedoch deren regionale Eigentümlichkeit in den Hintergrund tritt.

Eine Zukunft für Plattdeutsch?

Nichtsdestotrotz bleibt die Sprache zeitgemäß: Mathias Brodkorb, Bildungsminister von Mecklenburg-Vorpommern, plant, Plattdeutsch als Wahlsprache und sogar Abiturfach an weiterführenden Schulen einzuführen; Hamburger Klinikpersonal nimmt Plattdeutschunterricht, damit sich die älteren Patienten wohler führen; das über 100 Jahre alte Hamburger Ohnsorg-Theater führt moderne Stücke wie »Soul Kitchen« (http://www.ohnsorg.de/spielzeit/stuecke/stueck/soul-kitchen/) von Fatih Akin in Hamburger Platt auf; das »Zentrum für Niederdeutsch in Holstein« (ZFN) (http://www.niederdeutschzentrum.de/) veranstaltet seit 2011 den Bandwettbewerb »Plattsounds« (http://www.plattsounds.de/); der erste Harry-Potter-Band ist als »Harry Potter un de Wunnersteen« in plattdeutscher Sprache erhältlich. Diese Beispiele sind nur einige der Erfolgsgeschichten, die auf eine positive Zukunft für den Erhalt des niederdeutschen Sprachschatzes hindeuten. Die Vorhaben, die im Jahr 1992 auf Regierungsebene angestoßen wurden, konnten in den vergangenen 24 Jahren in großen Teilen auf lokaler Ebene umgesetzt werden. Ihre weitere Zukunft sicherte im November 2014 die Konferenz »Charta-Sprachen in Deutschland – Ein Thema für alle!«. Damit hat sich eine oft vorurteilsbehaftete Mundart zu einer beliebten Zweitsprache der nord-west-ostdeutschen Bevölkerung gewandelt.

Links:
http://www.minderheitensekretariat.de/schwerpunkte/sprachenkonferenz-2014/
http://www.ndr.de/wellenord/sendungen/plattdeutsch/Neue-Leitung-des-Plattdeutsch-Zentrum-Holstein,boernsen106.html
http://www.abendblatt.de/nachrichten/article207460471/Der-Plattmacher.html
http://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article153421672/Fatih-Akins-Soul-Kitchen-als-Buehnenstueck-op-platt.html
http://www.sueddeutsche.de/bildung/snacken-und-kloenen-fremde-heimatsprache-1.2882943-2
http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/plattdeutsch-im-abitur-diese-andere-kuriosen-abi-faecher-gibt-es-a-1086923.html
http://www.welt.de/regionales/hamburg/article150577097/Plattdeutsch-macht-Peinliches-weniger-peinlich.html
http://www.bundesraat-nd.de/index.php?option=com_content&view=article&id=87%3Achartaallgemein&catid=58%3Asprachenchartaallgemein&Itemid=70&lang=de
http://www.bundesraat-nd.de/Dateien/article/157/Chartasprachen%20in%20Deutschland.pdf

Weiterführende Links:
http://www.ndr.de/kultur/norddeutsche_sprache/plattdeutsch/Die-Welt-snackt-Platt,plattdeutscheweltindex105.html
http://www.nwzonline.de/politik/niedersachsen/kiek-das-ist-einer-von-uns_a_31,0,260418920.html
http://www.nzz.ch/international/europa/geschichte-der-russlanddeutschen-die-unsichtbaren-deutschen-ld.82556
http://www.ndr.de/kultur/norddeutsche_sprache/plattdeutsch/De-Ehrengaest,hoerspiel1076.html

Der Tag des Kusses (und der platten Nasen)

6. Juli – Tag des Kusses

Woher das Küssen kommt

Wer den komplett durchkommerzialisierten Valentinstag satthat, findet vielleicht am heutigen Tage seine Freude: Seit 1990 wird nämlich am 6. Juli der Tag des Kusses gefeiert. Zum Küssen gibt es verschiedene Theorien: Verhaltensforscher zum Beispiel sehen im Kuss die Weiterentwicklung der früheren Mund-zu-Mund-Fütterung. Dabei wurde die vorgekaute Nahrung den Nachkommen behutsam eingeflößt – bildlich vorgestellt könnte das ganze einem Kuss wohl relativ nahekommen. Psychoanalytiker meinen währenddessen, im Kuss das Saugen an der mütterlichen Brust wiederzuerkennen.
In beiden Fällen scheint der Kuss wohl mit der Nahrungsaufnahme verknüpft gewesen zu sein – und die Redensart, jemanden zum Fressen gern zu haben, bekommt eine ganz neue Dimension.

Heute wird geküsst, geknutscht und geknautscht

Genauso unsicher wie der Ursprung des Küssens als Ritual, ist der Ursprung des Wortes »Kuss« beziehungsweise »küssen«. Die Silbe »ku« ahmt hier vermutlich die Form der Lippen nach, die sich bei der Aussprache des Vokals »u« zu einem Kussmund runden. Bevor die beiden Münder aufeinandertrafen und -treffen, wurden und werden schließlich die Lippen gespitzt. Aus dem Westgermanischen »kuss-ija« für »küssen« entwickelte sich so das althochdeutsche »kussen« und schließlich das »küssen« im Mittelhochdeutschen, das wir in der Form auch heute nutzen.
Ein verwandtes Wort ist »knutschen«. Hier kann man zwar zunächst von ähnlich gespitzten Lippen ausgehen, allerdings war das Wort »knutzen«, von dem »knutschen« abgeleitet ist, ein mittelhochdeutscher Ausdruck für »quetschen«, »zusammendrücken« oder »knautschen«. Erst seit dem 20. Jahrhundert wird der Begriff für die Art des Küssens verwendet, die wir auch heute damit verbinden. So findet sich im Duden die Definition von »knutschen« als »jemanden heftig (ab-)küssen« – und dabei bleibt vom spitzen runden Kussmund beim Knutschen wohl nicht mehr allzu viel übrig.

Küssen macht glücklich und gesund

Sicher ist, dass (trotz des vermeintlichen Gequetsches und Nasenplattdrückens) Küssen gesund ist. Diese Art der Berührung als Ausdruck von Zuneigung und Intimität lässt den menschlichen Körper Dopamin freisetzen und Endorphine ausschütten, die uns zu Glücksgefühlen verhelfen. Ersteres ist ein Neurotransmitter, der unter anderem auch durch Drogen, die das Belohnungssystem des Gehirns aktivieren, stimuliert wird. Kein Wunder also, wenn man nach all den Handküssen, Zungenküssen und Schmetterlingsküssen auf die Idee kommt, für jemanden nach den Sternen zu greifen und einen davon vom Himmel zu holen. Und wenn man schon dabei ist, besagtes Sternchen dann der geliebten (oder geküssten?) Person zu Füßen zu legen, kann man dort mit dem Küssen gleich weitermachen.
Aber ob man für all den Spaß extra einen Tag braucht? Immerhin werden heute statt Blumen vor allem Küsse verschenkt – und vielleicht ja auch ein paar Herzen.

Buterbrod бутерброд

buterbrodyVon 1999 bis 2008 erklärte eine deutsche Agrarmarketing-Organisation den letzten Freitag im September zum Tag des Butterbrotes, der bis heute von manchen Bäckereien für Werbeaktionen genutzt wird.

Das Butterbrot ist nicht nur einer der beliebtesten Pausensnacks in Deutschland, sondern auch eines der am häufigsten gebrauchten deutschen Lehnwörter im Russischen. Wer in Russland ein »buterbrod« bestellt, findet auf der Brotscheibe allerdings nicht nur Butter, dafür aber umso mehr Wurst, Käse oder Kaviar vor. Es entspricht also eher einem belegten Brot.

Wann der Begriff in den russischen Sprachschatz Eingang gefunden hat, ist nicht eindeutig nachgewiesen. Eine häufige Erklärung macht russische Soldaten zu Kriegszeiten für das deutsche Lehnwort verantwortlich. Als fester Bestandteil der russischen Küche wird das »buterbrod« heutzutage besonders gern bei Abendveranstaltungen und Festlichkeiten in vielfältigen Variationen serviert.