Kategorie-Archiv: Rechtschreibung

Von Äpfeln und Birnen

Apfel und Birne gehören zusammen wie »wie« und »als«

Als wie der Apfel?

In unsagbar vielen Situationen vergleichen wir, und selten geht es dabei einfach um besser oder schlechter: Wenn das Wetter von heute vielleicht wärmer war als das von gestern, wenn wir Erdbeereis lieber mögen als Vanilleeis oder wir die Texte von Goethe gegenüber denen von J. K. Rowling bevorzugen. In der Sprachwissenschaft nennt man diesen Vorgang Komparation. Um Dinge miteinander zu vergleichen, haben sich im Deutschen zwei Wörter entwickelt, die uns dabei sprachlich auf die Sprünge helfen. Mit ihrer Hilfe können wir sogar Äpfel mit Birnen vergleichen! Die Rede ist von »wie« und »als«. Sie werden auch Vergleichspartikeln genannt. Trotzdem werden die beiden Wörter manchmal durcheinandergebracht, verwechselt oder plötzlich gleichzeitig gebraucht. Aber ist das trotzdem noch korrekt? Um diese Frage zu beantworten, kann es helfen, »wie« und »als« und ihre Verwendungsweisen mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Gleichheit versus Unterschiedlichkeit

Das Wörtchen »wie« kommt bei Aussagen über Gleichheit zum Einsatz: »Die Birne ist rot wie der Apfel.« In der Sprachwissenschaft nennt man diese Vergleichsform auch Positiv, das Adjektiv bleibt dabei unverändert. Mit »wie« geht auch oft das Wörtchen »so« oder »genauso« einher: »Der Apfel schmeckt mir genauso gut wie die Birne.« Hat man alle Ähnlichkeiten zwischen Apfel und Birne festgestellt, kann man sich der zweiten Vergleichspartikel zuwenden: »Als« wird verwendet, wenn man die Unterschiedlichkeit zwischen Dingen ausdrücken will. »Die Birne ist saftiger als der Apfel.« Schaut man sich das Adjektiv bei dieser Art des Vergleichs mit »als«, auch Komparativ genannt, genauer an, fällt auf, dass ihm zwei Buchstaben angehängt wurden. Bei »-er« handelt es sich um die Steigerungsflexion von Adjektiven, also um die Endsilbe, die Adjektive zu Komparativen macht und Unterschiedlichkeit anzeigt. Birnen können außerdem »weicher«, »kleiner«, »unförmiger«, »süßer« usw. sein als Äpfel.
Das klingt so weit ganz einfach, betrachten wir aber folgende Sätze: »Der Birnensaft ist lauwarmer als der Apfelsaft.« oder »Der Apfelbaum ist toter als der Birnbaum.« Die Wörter »lauwarm« und »tot« lassen sich ganz offensichtlich nicht steigern. Adjektive dieser Art werden auch Absolutadjektive genannt. Diese drücken schon ohne irgendwelche Steigerungssilben den höchsten oder auch niedrigsten Grad der jeweiligen Eigenschaft aus. Weitere Beispiele hierfür sind »leer«, »voll«, »schwanger«, »dreieckig« und »optimal«. Um herauszufinden, welche Adjektive zu den Absolutadjektiven gehören, kann man versuchen, sie zu graduieren. Dabei lässt sich feststellen: Ein bisschen leer zu sein ist genauso unmöglich, wie ein wenig dreieckig oder ein bisschen schwanger. Adjektive, die wie die Absolutadjektive nicht steiger- oder graduierbar sind, sind solche, die aus anderen zusammengesetzt sind: Jemand kann nicht »bärenstärker« und auch nicht »hundsgemeiner« sein als jemand anders. Für Verwirrung sorgen dabei jedoch entlehnte Farbwörter wie »lila« oder »rosa«, die ebenfalls nicht steigerbar sind – »rot«, »blau« und »grün« währenddessen aber schon.

»wie« oder »als« – nicht beide zusammen

Aber zurück zu den Äpfeln und Birnen beziehungsweise zu »wie« und »als«: Beide Wörter kommen nämlich bekanntlich nicht nur bei Vergleichen zum Einsatz, sondern können auch andere Funktionen erfüllen. Neben der Tatsache, dass »wie« natürlich ein Fragewort sein kann, wird es auch gern für Metaphern oder rhetorische Figuren gebraucht, die nur entfernt etwas mit Vergleichen zu tun haben: »Wie geht es ihm?» – »Er schläft wie ein Murmeltier.«
»Als« währenddessen kann auch Nebensätze einleiten und Gleichzeitigkeit ausdrücken: »Das Telefon klingelte, als sie gerade in ihr Brötchen beißen wollte.«
Wenn wir nun aber bei den Vergleichen bleiben, fällt auf, dass manchmal »wie« und »als« sogar direkt hintereinanderstehen. Vor allem im Süddeutschen ist das Phänomen verbreitet, sich nicht für eine der beiden Formen zu entscheiden, sodass plötzlich einfach beide gleichzeitig vorkommen: »Der Apfel schmeckt mir besser als wie die Birne.«
Leider ganz falsch. Standardsprachlich darf entweder »wie« oder »als« vorkommen, je nachdem, ob man Gleichheit oder Unterschied ausdrücken will, aber nie beide auf einmal. Um die beiden Partikeln »wie« und »als« auseinanderzuhalten, hilft eine Faustregel: Sind die zu vergleichenden Dinge verschieden, benutzt man »als«, liegt eine Gemeinsamkeit vor, dann gebraucht man »wie«. Eigentlich gar nicht so schwierig.
Die Ursache dafür, dass die beiden Vergleichspartikeln trotzdem so gern verwechselt werden, besteht darin, wie sie sich seit dem Frühneuhochdeutschen entwickelt haben. Der Komparativ, der heute mit »als« gebildet wird, wurde früher durch »denn« oder »dann« ausgedrückt, während man für Gleichheit die Wörter »wie«, »als« und »als ob/wenn« verwendete. Das von uns heute noch gebrauchte Wort »als« hatte im Mittelhochdeutschen also noch die umgekehrte Bedeutung, für die wir heute »wie« benutzen. Wenn Goethe in Faust I deshalb meint »Da steh’ ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor!«, können wir ihm nicht unterstellen, die Komparationsregel nicht beachtet zu haben. Im Gegensatz zu heute war auch die Mischverwendung seinerzeit noch völlig legitim. Auf die gleichzeitige Verwendung von »als« und »wie« sollten die jungen Goethes unter uns heute aber lieber verzichten.

Der Tag des Kusses (und der platten Nasen)

6. Juli – Tag des Kusses

Woher das Küssen kommt

Wer den komplett durchkommerzialisierten Valentinstag satthat, findet vielleicht am heutigen Tage seine Freude: Seit 1990 wird nämlich am 6. Juli der Tag des Kusses gefeiert. Zum Küssen gibt es verschiedene Theorien: Verhaltensforscher zum Beispiel sehen im Kuss die Weiterentwicklung der früheren Mund-zu-Mund-Fütterung. Dabei wurde die vorgekaute Nahrung den Nachkommen behutsam eingeflößt – bildlich vorgestellt könnte das ganze einem Kuss wohl relativ nahekommen. Psychoanalytiker meinen währenddessen, im Kuss das Saugen an der mütterlichen Brust wiederzuerkennen.
In beiden Fällen scheint der Kuss wohl mit der Nahrungsaufnahme verknüpft gewesen zu sein – und die Redensart, jemanden zum Fressen gern zu haben, bekommt eine ganz neue Dimension.

Heute wird geküsst, geknutscht und geknautscht

Genauso unsicher wie der Ursprung des Küssens als Ritual, ist der Ursprung des Wortes »Kuss« beziehungsweise »küssen«. Die Silbe »ku« ahmt hier vermutlich die Form der Lippen nach, die sich bei der Aussprache des Vokals »u« zu einem Kussmund runden. Bevor die beiden Münder aufeinandertrafen und -treffen, wurden und werden schließlich die Lippen gespitzt. Aus dem Westgermanischen »kuss-ija« für »küssen« entwickelte sich so das althochdeutsche »kussen« und schließlich das »küssen« im Mittelhochdeutschen, das wir in der Form auch heute nutzen.
Ein verwandtes Wort ist »knutschen«. Hier kann man zwar zunächst von ähnlich gespitzten Lippen ausgehen, allerdings war das Wort »knutzen«, von dem »knutschen« abgeleitet ist, ein mittelhochdeutscher Ausdruck für »quetschen«, »zusammendrücken« oder »knautschen«. Erst seit dem 20. Jahrhundert wird der Begriff für die Art des Küssens verwendet, die wir auch heute damit verbinden. So findet sich im Duden die Definition von »knutschen« als »jemanden heftig (ab-)küssen« – und dabei bleibt vom spitzen runden Kussmund beim Knutschen wohl nicht mehr allzu viel übrig.

Küssen macht glücklich und gesund

Sicher ist, dass (trotz des vermeintlichen Gequetsches und Nasenplattdrückens) Küssen gesund ist. Diese Art der Berührung als Ausdruck von Zuneigung und Intimität lässt den menschlichen Körper Dopamin freisetzen und Endorphine ausschütten, die uns zu Glücksgefühlen verhelfen. Ersteres ist ein Neurotransmitter, der unter anderem auch durch Drogen, die das Belohnungssystem des Gehirns aktivieren, stimuliert wird. Kein Wunder also, wenn man nach all den Handküssen, Zungenküssen und Schmetterlingsküssen auf die Idee kommt, für jemanden nach den Sternen zu greifen und einen davon vom Himmel zu holen. Und wenn man schon dabei ist, besagtes Sternchen dann der geliebten (oder geküssten?) Person zu Füßen zu legen, kann man dort mit dem Küssen gleich weitermachen.
Aber ob man für all den Spaß extra einen Tag braucht? Immerhin werden heute statt Blumen vor allem Küsse verschenkt – und vielleicht ja auch ein paar Herzen.

VERSTEHST DU JETZT BESSER, WAS ICH MEINE …?!?!?!

anabelle
In Zeiten von Emojis und Kurztextnachrichten tendieren wir immer mehr dazu, unsere Aussagen durch typografische Elemente unterstreichen zu wollen. Davon sind auch Autoren nicht ausgenommen. Doch wird der Einsatz von Stilelementen – denn dazu werden die folgenden Beispiele in einem Roman – durch übermäßigen Gebrauch bedeutungslos.

Gezielt verwendete Auslassungspunkte können suggerierend wirken … Stehen sie jedoch am Ende jedes zweiten Satzes, wirkt es, als wären sich ein Erzähler oder eine Figur ihrer Aussagen selbst nicht sicher. In einem Dialog kann die Kombination aus Frage- und Ausrufezeichen die Betonung eines Satzes unterstreichen. Doch ist es nicht viel spannender, diese mit Worten zu verdeutlichen?! In einem Roman kann das Schreiben in Großbuchstaben das Augenmerk des Lesers punktuell auf die WICHTIGKEIT oder Art und Weise einer Aussage hinweisen. IN EINEM FORT WIRKEN SIE JEDOCH ALBERN. Und wenn in einer Konversation ständig Ausrufezeichen am Satzende folgen, könnte man meinen, die handelnden Personen hätten einen leichten Hang zur Aggressivität! Das braucht kein Mensch! Geschweige denn ein Roman!

Lassen Sie lieber Worte sprechen. Dem Lesefluss tut es genau so gut wie der Atmosphäre: Stellen Sie sich der Herausforderung und bedienen Sie sich am großen Wortschatz unserer schönen Sprache. Lassen Sie Ihre Figuren nachdrücklich flüstern, stirnrunzelnd fragen, mit Misstrauen in der Stimme schreien oder auch mal schallend lachen. In den imaginären Ohren Ihrer Leser werden die gesprochenen Worte einen individuellen Ton annehmen. Und sollte dann doch einmal etwas ausgelassen oder angedeutet werden … eine Verwunderung unterstrichen – wirklich jetzt?! – oder ein besonders lautes Schreien UNERLÄSSLICH sein, fällt es Ihren Lesern auf. Und sie schmunzeln dabei, halten vor Spannung die Luft an oder erschrecken sich womöglich sogar.

Ist die Liebe zur typografischen Lautmalerei dann doch so unbändig groß, dass sie in der Lektüre vertieft werden will, empfehlen wir den Griff zu einem der vielen gelungenen Comics oder einem Roman von Walter Moers.

Geliked? Gelikt? Geliket?

geliked
Like: Für dieses aus dem Englischen ins Deutsche eingewanderte Verb ist Facebook verantwortlich – genau genommen der »Like«-Button. Hat man den »Gefällt mir«-Button gedrückt, hat man einen Beitrag, ein Bild oder die Rotkel-Facebook-Seite geliked … gelikt oder doch etwa geliket?

Wie also wird die Partizipform von liken gebildet? Die einzig korrekte Regel der Flexion eingedeutschter Verben gibt es nicht, dafür aber eine Empfehlung der Duden-Redaktion; diese bevorzugt die gleichen Regeln wie für die deutschen Verben.

Die Grundformel zur Bildung von Partizipformen schwacher Verben lautet: ge + Wortstamm + t. Der Wortstamm ist das, was übrig bleibt, wenn man die Vor- und Nachsilbe und die Flexionsendung abzieht; bei liken ist der Wortstamm lik. Nach dieser Formel lautet die Partizipform von like gelikt (ge + lik + t = gelikt). Klingt komisch, ist aber so.

Nach diesem Muster werden auch andere Partizipien schwacher Verben gebildet: faken/gefakt, tunen/getunt, managen/gemanagt, mobben/gemobbt, crashen/gecrasht, booten/gebootet, flirten/geflirtet, posten/gepostet, downloaden/gedownloadet, dealen/gedealt, mailen/gemailt, joggen/gejoggt, clicken/geclickt, shoppen/geshoppt, twittern/getwittert.

Also, alles klar? Wir hoffen, ihr habt nach der Lektüre dieses Blogs brav unsere Rotkel Facebook gelikt, geshart, getwittert und geinstagramt.

Es war einmal ein Satzzeichen

SemikolonWenn das Komma einen Satz zu schwach und der Punkt einen Satz zu stark trennt, dann gibt es noch die Möglichkeit, das Semikolon zu wählen. Umgangssprachlich als Strichpunkt bezeichnet, wird das zusammengesetzte Satzzeichen aus Punkt und Komma heute nur noch selten benutzt – zumindest in Literatur oder Presse. Vielfach zu sehen ist es dagegen als zwinkerndes Emoticon in der Onlinekommunikation, aber auch in anderer Form.

Tattoo-Semikolon

Typografische Spielereien oder Zitate aus literarischen Werken sind beliebte Motive bei Tattoo-Trägern. Auch das Semikolon sieht man weltweit verstärkt auf der Haut. Dahinter steckt das Project Semicolon, eine Bewegung aus den USA, die das Satzzeichen nutzt, um Menschen, die an Depressionen, Angststörungen oder anderen psychischen Erkrankungen leiden, Mut zu machen.

Menschen mit Selbstmordgedanken oder jene, die versucht haben, ihr Leben zu beenden, sollen mithilfe der symbolischen Bedeutung des Semikolon-Tattoos wieder Hoffnung und Lebensfreude gewinnen. Ein Autor verwendet ein Semikolon, wenn er einen Satz hätte beenden können, sich aber dagegen entschieden hat. Der Satz steht für das Leben, der Autor für den Betroffenen – so lautet die Botschaft des Projekts.

Vom Satzzeichen zum Symbol

Anders als beim Punkt oder Komma ist das Semikolon kein Pflichtzeichen in Satzkonstruktionen; seine Verwendung hängt immer von der Entscheidung des Autors ab. Doch gerade für geschriebene Texte mit langen Gedankengängen eignet es sich gut. Gleichrangige Sätze oder Wortgruppen lassen sich mit dem Semikolon verbinden. Zahlreiche Schreibende haben seine vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten noch nicht (wieder)entdeckt.

Mit der U2 zum G7-Treffen?

Bei der Schreibweise von G7 ist es so, wie bei dem jährlichen Treffen selbst: Alles ist möglich, nichts ist verbindlich. Ein Blick in die Presse: Auch die meisten Zeitungen und Wochenmagazine sind offenbar unentschieden. Sowohl in Print- als auch in Onlineausgaben von Die Zeit, SZ, FAZ, taz, Die Welt und Tagesspiegel finden sich häufig sogar innerhalb eines Artikels mehrere Schreibweisen, also G7 und G 7 oder G7-Gipfel und G-7-Gipfel. Ausnahme ist Der Freitag. Machen die es nun als Einzige richtig und konsequent?

Die Abkürzung G7 steht für Gruppe der Sieben und ist insofern ein Akronym (in der Regel eine aus den Initialbuchstaben der abgekürzten Wortgruppe gebildete Abkürzung). Da G7 problemlos ausgesprochen werden kann, gehört hinter das G auch kein Punkt (anders als bei z. B., Hbf. oder Abk.). Sie hat somit denselben Charakter wie U2 für Untergrundbahn 2, S25 für Schnell- oder Stadtbahn 25 und A1 für Autobahn 1.

Für die Schreibung solcher Abkürzungen gibt es keine allgemeingültige Regel. Auch der Duden erlaubt beide Schreibweisen, gibt allerdings als Dudenempfehlung die Durchkoppelung an: G-7-Staaten, auch: G7-Staaten.

Ausschlaggebend für die Schreibweise ist die Definition. Die eine lautet: G 7 besteht aus der Abkürzung »G« und der Ziffer »7« und ist insofern eine Wortgruppe im weitesten Sinn. Folgt man dieser Definition, ist die Schreibweise mit Wortzwischenraum (G 7) korrekt; wird ein weiteres Wort drangehängt, wird alles durchgekoppelt: G-7-Gipfel. Der andere Standpunkt ist: G7 ist eine Abkürzung, die aus dem Buchstaben »G« und der Ziffer »7« besteht. Folgt man dieser Definition, ist die Schreibweise ohne Wortzwischenraum (G7) korrekt; wird ein weiteres Wort drangehängt, wird nur dieses mit einem Bindestrich gekoppelt: G7-Gipfel.

Anders hingegen sieht es aus bei der Schreibweise des Papierformats A4, zum Beispiel in der Konstellation DIN-A4-Blatt: Die Schreibweise mit Leertakt A 4 und die durchgekoppelte Variante bei der Zusammensetzung DIN-A-4-Blatt sind nicht korrekt, weil der Buchstabe A keine Abkürzung ist. Der Buchstabe A gibt lediglich die Formatreihe an (es gibt vier Reihen, die mit A bis D bezeichnet und jeweils in elf Klassen unterteilt werden, die nach absteigender Größe von 0 bis 10 durchnummeriert sind).

Doppelpunkt und nun: Groß- oder Kleinschreibung?

Wie schreibt man nach einem Doppelpunkt: groß? Klein? Die Regel dazu ist im Grunde ganz einfach – nun ja, es hängt nur davon ab, was nach dem Doppelpunkt folgt.

Die Regeln

Rechtschreibung

Regel 1: Nach dem Doppelpunkt schreibt man groß, wenn danach wörtliche Rede folgt.

  • Die Mutter fragte verärgert: »Konrad, warum ziehst du deine Gummistiefel nicht an?«

Regel 2: Nach dem Doppelpunkt schreibt man groß, wenn ein vollständiger Satz mit Subjekt und Prädikat folgt.

  • Konrad und seine Mutter hatten schon Ärger: Jetzt zieht er sich aber an.

Ausnahme: Eine Ausnahme bilden verkürzte, sogenannte elliptische Sätze (z. B. »Keine Ahnung.«, »Weiß nicht.«, »Kann sein.«). Hier ist die Groß- oder Kleinschreibung optional. Allerdings sollte eine der beiden Varianten konsequent im ganzen Text umgesetzt werden.

  • Konrad verdrehte die Augen und nuschelte kaum verständlich so etwas wie: Weiß nicht.

Regel 3: Nach dem Doppelpunkt schreibt man klein, wenn ein unvollständiger Satz oder eine Aufzählung folgen und das erste Wort kein Substantiv ist.

  • Konrad packte nur zwei Dinge ein: den linken Gummistiefel und eine Sandale.
  • Konrad packte nur zwei Dinge ein: Gummistiefel und Sandale.

Typografie

Regel 1: Nach dem Doppelpunkt folgt in deutschen Texten ein Leerzeichen. (Hingegen setzt man im Französischen auch vor dem Doppelpunkt ein Leerzeichen.)

Regel 2: Verwendet man den Doppelpunkt, um ein Verhältnis von Zahlen (z. B. Mischungsverhältnisse und Maßstäbe) zueinander darzustellen, steht vor und nach dem Doppelpunkt jeweils ein schmales geschütztes Leerzeichen.

  • Mischen Sie das Reinigungskonzentrat mit Wasser im Verhältnis 1 : 10.
  • Die Karte stellt Deutschland im Maßstab von 1 : 150.000 dar.

Regel 3: Spielergebnisse, zum Beispiel beim Fußball, werden vor und nach dem Doppelpunkt mit einem (schmalen) geschützten Leerzeichen notiert (in der Presse wird diese Regel aus Platzgründen häufig ignoriert).

  • Die Berliner Eishockeyspieler besiegten München 5 : 4.

Das geschützte Leerzeichen und das typografisch korrekte schmale geschützte Leerzeichen geben Sie wie folgt ein:

geschütztes Leerzeichen schmales geschütztes Leerzeichen
microsoft-logo-f6a47353 31 $%& 4 LFGM
linux-logo-f6a47353 31 $%& 31u 202f 3
apple-logo-f4325ff1 4 $%& 202f
 html5_logo  &#nbsp;   

Regel 4: Bei Zeitangaben übernimmt der Doppelpunkt die Funktion eines Trennzeichens; vor und nach dem Doppelpunkt steht kein Leerzeichen.

  • Es passierte exakt um 17:03:04 Uhr.
  • Der Marathonrekord liegt bei 2:03:38 Stunden.

Regel 5: Ziffer-Wort-Verbindungen werden ohne Leerzeichen und ohne Bindestriche geschrieben.

  • 1:1-Umsetzung (aber: Eins-zu-eins-Umsetzung)

Empfehlung: Folgt nach einem kursivierten Wort ein Doppelzeichen, sollte dieses ebenfalls kursiviert werden.

  • aber: Eins-zu-eins-Umsetzung

Doppelpunkt: der Tausendsassa

Der Doppelpunkt, auch als Kolon bekannt.

Der Doppelpunkt: ein unscheinbares Multitalent mit poetischem Potenzial.

Der Doppelpunkt ist ein Tausendsassa unter den Satzzeichen: Er zählt zu den sogenannten Satzmittezeichen; seine Verwandten sind das Komma, das Semikolon und der Gedankenstrich. Er steht nie am Ende eines Satzes, ist kein Satzschlusszeichen, sondern ein Ankündigungs-, Übergangs- und Hervorhebungszeichen.

Seine Funktion: Ankündigung von Zitaten, wörtlicher Rede, Aufzählungen, Erläuterungen, Zusammenfassungen, Schlussfolgerungen. Weil er eine Zäsur setzt, bringt er Dynamik in den Text. Korrekt eingesetzt, ist er ein minimalistisches, aber sehr wirksames rhetorisches Werkzeug. Nicht korrekt verwendet, wird er zu einem Wichtigtuer, der mit großem Trommelwirbel Wichtiges ankündigt, jedoch Kümmerliches präsentiert, nämlich: weniges bis nichts. Der Doppelpunkt trennt nicht, er verweist vielmehr auf eine logische Verbindung. Er ist zudem insofern nützlich, als er als gnadenloser Rationalisierer umständliche Formulierungen, Nebensätze und Bindewörter überflüssig macht, oder in Überschriften Satzstücke verbinden kann.

Darüber hinaus wird er in der Mathematik als Divisionszeichen verwendet – das haben wir Leibniz zu verdanken –, zur Notierung von Verhältnissen – zum Beispiel von Fußballergebnissen (2 : 1) – und als Trennzeichen bei Zeitangaben (17:09:58).

Summa summarum: Der Doppelpunkt ist ein Satzzeichen, das dezent auf wörtliche Rede hinweisen kann, oder als unübersehbares Signal Aufmerksamkeit auf das Folgende steigert: Er sorgt für Klarheit, Ordnung und Übersichtlichkeit.

Wer hätte aber gedacht, dass dem Doppelpunkt auch poetisches Potenzial innewohnt? Dieses findet sich in Uwe Tellkamps Roman Der Turm wieder, der das Ende einer Epoche mit einem für den letzten Satz eines Romans falschen Satzzeichen markiert: einem Doppelpunkt.

Das finale historische Ereignis in Tellkamps Roman ist der Mauerfall, ein Bruch mit bisherigen Konventionen und mit bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Regeln. Grammatikalisch verkörpert dieser Schluss auch eine Öffnung der Interpunktionsregeln: Am Ende des Satzes und des Romans steht, entgegen den Interpunktionsregeln, ein Doppelpunkt. So spiegelt er nicht nur den Epochenbruch wider, sondern zeigt auch auf: Das Ende ist nicht ein Ende, sondern ein Übergang, die Ankündigung von etwas Neuem.

Auschwitz falsch erinnert

Falsche Schreibweise von Auschwitz in einer deutschen Onlinezeitung, Bildschirmfoto: rotkel.

Falsche Schreibweise von Auschwitz in einer deutschen Onlinezeitung, Bildschirmfoto: Rotkel.

Auschwitz und seine Geschichte sind zurzeit vielfach in den Medien: der Lüneburger Auschwitz-Prozess, der 70. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Bundespräsident Joachim Gauck formulierte am 27.01.2015 im Bundestag während der Auschwitz-Gedenkfeier geschichtsbuchtauglich: »Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz.«

Googeln Sie mal die falsche Schreibweise Ausschwitz. Sie werden staunen, wie häufig dieser Ort, der vermeintlich im deutschen Bewusstsein so tief verankert ist, falsch geschrieben wird – auch in großen, überregionalen, renommierten, die Identität mitprägenden Medien. Allein bei Google News finden sich über 1.000 Treffer. Folglich muss es sich um eine Identität mit einem Rechtschreiblapsus handeln.

Der Name des größten Komplexes von Konzentrationslagern zur Zeit des Nationalsozialismus in Auschwitz (polnisch Oświęcim) wird nur mit einem s geschrieben. Die falsche Schreibweise Ausschwitz kann mit der im Deutschen häufigen Wortbildung mit der Vorsilbe aus- erklärt werden, die dann auch die Schreibung von z. B. ausschwitzen mit Doppel-s bedingt. – Eine harm-, aber geschmacklose Rechtschreibfehlleistung? Eine denkbare Erklärung.

Dies entschuldigt selbstverständlich nicht, dass dieser Ortsname rauf und runter falsch geschrieben wird. Die Überprüfung der Schreibweise gebietet genauso die redaktionelle Sorgfaltspflicht wie der Respekt vor den Menschen und der Geschichte dieses Ortes. Vor allem, wenn man darüber schreibt.