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Merkeln, schrödern und orbanisieren

 

Nicht jeder Neologismus geht dauerhaft in den Sprachgebrauch ein, Bild: Edyta Dombrowski.

Nicht jeder Neologismus geht dauerhaft in den Sprachgebrauch ein, Bild: Edyta Dombrowski.


Namen von bekannten Personen, insbesondere von Politikerinnen und Politikern, und ihre charakteristischen Eigenschaften werden vielfach mit eigenen Wortschöpfungen belegt. In den Medien kreiert sind die Neologismen meist aktualitätsgebundene, negativ konnotierte Modeerscheinungen. Es gab schon alles Mögliche: schrödern für „autoritäre Auftritte“, merkeln für „zögerliches Verhalten“, wulffen je nach Kontext für „lügen, ohne es zuzugeben“, „auf Kosten anderer Leben“ oder „den Anrufbeantworter vollquatschen“.

Im Zuge der letzten polnischen Präsidentschaftswahl im Mai 2015 tauchte in der deutschen Medienlandschaft vielfach der Begriff der Orbanisierung auf. Der unerwartete Sieg des nationalkonservativen Politikers Andrzej Duda löste Besorgnis über mögliche euroskeptische und nationale Entwicklungen sowie über ein Abdriften Polens nach rechts – wie in Ungarn unter Viktor Orbán – aus.

Einen politischen Vergleich machte jüngst auch der Grünen-Chef Cem Özdemir, als er sich zur aktuellen Parlamentswahl in der Türkei äußerte. Özdemir kritisierte den zunehmend autoritären Herrschaftsstil des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und schrieb ihm putineske Züge zu.

Nicht jedes Wort geht nachhaltig in den Sprachgebrauch ein, viele sind lediglich Schlagzeilen-Eintagsfliegen. Guttenbergen für „abschreiben“ wird kaum jemand noch benutzen. Wenn aber die Aktualität eines Wortes nicht abnimmt, dann hat eine Neuschöpfung gute Chancen, länger bestehen zu bleiben.

Solange zum Beispiel Röntgenstrahlen zum Einsatz kommen, wird röntgen vielleicht weitere hundert Jahre alt. Bis zur nächsten Arbeitsmarktreform, wird man, wie wohl jeder weiß, auch weiterhin keine Sozialhilfe empfangen, sondern hartzen. 2009 zum Jugendwort des Jahres gewählt ist das von Peter Hartz und den Hartz-IV-Reformen abgeleitete Verb immer noch im Gebrauch und mittlerweile online im Duden zu finden.

Ähnliche Entwicklungen gibt es selbstverständlich auch in anderen Sprachen. So schaffte 2012 der Fußballprofi Zlatan Ibrahimović durch seinen außerordentlichen Fußballstil mit zlatanera (deutsch: zlatanieren) für „stark dominieren“ den Sprung in die schwedischen Wörterbücher.